Hallo und willkommen. Wir schauen uns heute gemeinsam was echt Ungewöhnliches an. Material, das du uns da mitgebracht hast. Ja, stimmt. Die Aufzeichnungen eines außerirdischen Ethologen, Dr. Ixa’Luun Tréval vom Ylaxianische Institut für Neurokulturelle Evolution, Y.I.N.E. kurz. Genau, Y.I.N.E.. Und sein Fokus? Unser Planet, Sol-3, Gaia genannt und wir, Homo Sapiens. Eine krasse Außenperspektive, oder? Absolut. Das ist mal was anderes. Und das Kernthema dieser Analyse ist Neurodiversität, speziell Autismus. Aber eben nicht so, wie wir das meistens diskutieren. Nee, ganz anders. Dr. Treval sieht das nicht als Störung, sondern als, und das ist der Hammer, potenzielles Notfallprotokoll der Biosphäre. Fast wie ein evolutionäres Korrektiv von Gaia selbst. Gegen unsere, naja, Selbstzerstörungstendenzen, die er da wohl sieht. So eine Art Immunsystem der Zivilisation. Genau das ist der Punkt. Die Grundlage ist dieser fiktive Bericht, die Xenokulturelle Beobachtung Nummer 7283-Z. Und das Spannende ist eben, wie diese konsequente, fremde Sicht unser Verständnis von Normalität, von unserer Geschichte, vielleicht auch unserer Zukunft, komplett herausfordert. Es geht darum, zu sehen, wie diese Perspektive uns helfen könnte, die Krisen heute zu verstehen. Lass uns da mal zusammen reingehen. Okay, lass uns das mal auspacken. Der Bericht, der fängt ja gleich ziemlich hart an mit einer Fundamentalkritik an unserem Konzept von Normalität. Das ist dir sicher auch aufgefallen. Ja, sofort. Wie wird das denn aus dieser ylaxianischen Sicht analysiert? Also für Dr. Tréval ist Normalität bei uns Menschen weniger was Biologisches, sondern eher ein kulturelles Konstrukt. Primär der Machtstabilisierung, so sieht er das. Man legt eine Norm fest und nutzt die dann zur Kontrolle, zur Unterdrückung von Abweichungen, also von Diversität. Verstehe. Und besonders kritisch sieht er eben die Pathologisierung, also dass wir neurodivergente Denkweisen systematisch als krank einstufen. Ja. Denkweisen, die aus einer evolutionären, vielleicht systemischen Sicht ja wertvolle Potenziale haben könnten, überlebenswichtige vielleicht sogar. Und diese Kritik, die führt ja dann zu echt aufrüttelnden Vergleichen in dem Bericht. Das hat mich beim Lesen deiner Unterlagen schon beschäftigt. Kann ich mir vorstellen. Da wird eine Linie gezogen von der Auslöschung der Neandertaler über indigene Völker bis zur Eugenik. Und das wird verknüpft mit dem heutigen Umgang mit Autismus, speziell mit Therapien wie ABA. Absolut. Der Bericht legt da eine beunruhigende Kontinuität nah. Die Mechanismen der Zwangsanpassung, des Ausschlusses, die wiederholen sich quasi. Nur die Methoden ändern sich. Die Begründungen vielleicht auch. Wie meinst du das? Naja, früher war es vielleicht offene Gewalt, Ressourcen Konkurrenz. Heute ist es subtiler. Ausschluss vom Arbeitsmarkt zum Beispiel. Du sagtest ja, die Quellen sprechen von bis zu 90 Prozent Arbeitslosigkeit bei Autisten. Ja, Wahnsinn. Oder eben durch Therapien wie ABA Applied Behavior Analysis. Die zielen ja oft darauf ab, Verhalten an neurotypische Normen anzupassen. Weniger darauf, die Stärken zu fördern. Und die zentrale, echt provokante These des Berichts ist, diese ganze historische Auslöschung des Anderen war für Homo sapiens im Grunde immer ein Selbstmordprogramm. Weil es eben überlebenswichtige Vielfalt vernichtet hat. Genetisch und kognitiv. Puh, das ist ne harte Aussage. Das führt uns ja direkt zur Kernidee dieses evolutionären Korrektivs. Wie sollen denn jetzt neurodivergente Menschen, speziell Autisten, dieses Notfallprotokoll oder Immunsystem sein? Ja, gute Frage. Was macht die aus Sicht des Äthologen so überlebenswichtig für uns? Also der Bericht postuliert, dass bestimmte Merkmale, die oft als autistisch beschrieben werden. Zum Beispiel? Zum Beispiel starkes Systemdenken, hohe Detailwahrnehmung, Mustererkennung, gerade auch in komplexen ökologischen Systemen, dann oft ethische Konsistenz, geringere Anfälligkeit für Gruppenzwang. Okay. Dass genau diese Fähigkeiten dem durchschnittlichen Homo sapiens fehlen. Gerade jetzt in der aktuellen Polikrise. Polikrise, also Klimasystemkollaps? Genau. Klimakollaps durch diesen kybernetischen Kapitalismus, wie der Bericht das nennt. Also diese entfesselte, digital optimierte Wirtschaftslogik, die halt ökologische und soziale Grenzen ignoriert. Verstehe. Und Neurodivergenz wird hier eben als evolutionäre Antwort interpretiert. Als Versuch der Biosperre selbst, uns Homo sapiens wieder in Resonanz mit der Umwelt zu bringen, bevor wir uns selbst zerstören. Wow. Also was heißt das jetzt unterm Strich? Die Schlussfolgerung von Dr. Trewall ist ja nicht nur Analyse, das ist ja fast ein Appell, oder? Ziemlich radikal. Absolut radikal, ja. Aus unserer Warte jedenfalls. Statt zu versuchen, Autisten an eine aus seiner Sicht kranke, dysfunktionale Welt anzupassen, sollen wir die Welt ändern. Genau das fordert die Analyse. Eine grundlegende Umgestaltung der Gesellschaft. Wir sollen Bedingungen schaffen, unter denen das Potenzial neurodivergenter Intelligenz erkannt, wertgeschätzt und aktiv genutzt wird. Also nicht nur Toleranz? Nein, viel mehr. Es geht um eine essentielle Überlebensstrategie für uns alle, für die Spezies, für den Planeten. Und die fortgesetzte Pathologisierung, dieser massive Ausschluss? Werden als strukturelle Selbstschädigung interpretiert, ganz klar. Der Bericht spricht sogar von einem strukturellen Genozid an überlebenswichtigen kognitiven Ressourcen. Huh. Das stellt wirklich alles auf den Kopf, die Idee, dass das, was wir oft als Defizit sehen, als Störung, dass das vielleicht genau der Schlüssel sein könnte. Der Schlüssel für unsere Zukunft. Ein evolutionärer Rettungsanker, den wir gerade vielleicht, ja, aktiv demontieren. Das lässt einen nicht nachdenken. Und das ist wohl genau die Absicht dieses fiktiven Berichts. Er wirft diese fundamentale Frage auf, die uns der Alien-Ethologe mitgibt. Steht Homo sapiens vielleicht an der Schwelle zu was Neuem? Homo resonans nennt er das ja, oder? Genau, Homo resonans. Der resonante Mensch. Spekulativ natürlich. Aber die Frage ist, verkennen wir gerade unsere eigenen Wegbereiter, die Träger der Fähigkeiten, die wir bräuchten, nur weil wir so auf unsere selbstgemachte Norm fixiert sind? Und grenzen sie deshalb aus? Oder erkennen wir die Chance noch? Das ist die Frage, die im Raum steht. Etwas, worüber du, basierend auf diesen Quellen, sicher noch weiter nachdenken wirst.